Freitag, 30. Januar 2015

Dem Volk aufs Maul schauen…

Der gute Hirt;
Mosaik im Grabmal der Galla Placidia, Ravenna, 1. H. d. 5. Jh.s
… kann man derzeit im Kommentarbereich zu einem Artikel der Welt, überschrieben: Mitgliederschwund: Deutsche verlassen in Scharen die Kirchen. Die Welt macht dafür – getreu ihrem Namen und, wie es sich für Spekulationen gehört, alles schön im Potentialis – weltliche Gründe verantwortlich: die Kirchensteuer auf die Kapitalertragssteuer sei schuld, und natürlich der Bischof von Limburg.

Es geht also gegen zwei Lieblingsfeinde heutiger Populisten: gegen Bischof Tebartz-van Elst, eine von den Medien dazu gemachte Unperson, als weltlichen Sündenbock dem öffentlichen Spott preisgegeben, auf daß ihm die Sorgen aller aufgeladen würden, einen Blitzableiter des Volkszorns. Und gegen den Verlust von Geld, denn so denkt sich der Welt-Reporter: Wie es bei mir ist, so muß es auch bei anderen sein. Und sind es nicht Geld und Besitz, die mir von allem am liebsten sind? Hasse ich nicht nichts so sehr wie die Steuern, die mir wegnehmen wollen, was ich allein, mit meiner eigenen Hände Arbeit, mir erschaffen habe?

Das Erhalten des Besitzes, das Verharren in der Bequemlichkeit des materiell gesicherten Lebens, und dazu die Unterhaltung, die der Zirkus unserer Generation uns bieten will: das Zutodehetzen Wehrloser in der Arena der Öffentlichkeit, von einem Mob mit Federn Bewaffneter bedrängt wie Cäsars Giraffe, bis Blut den Sand des Schauplatzes benetzt und die johlende Zuschauermasse die gerechten Vollstrecker, die Beseitiger der Unliebsamen, bejubelt.

Dies Brot und diese Spiele unserer Tage sollen es also sein, die nach der Meinung unseres braven Schreiberleins die Gedankenwelt der Deutschen beherrschen und ihre Herzen dazu bewegen, die Kirche zu meiden. Und ist er mit dieser Meinung allein? Nein, keineswegs! Auch andere unterschätzen die lieben Deutschen auf solche herablassende und ignorante Weise. Wer sagt ihnen denn pausenlos schamlos und offen ins Gesicht, daß er sie für Knechte ihres Bauches hält, für Sklaven ihrer sexuellen Begierden, für treulose, christvergessene Schwelger, die um der lauwarmen Feuchte des sozialen Friedens willen bereit sind, jede ihrer Überzeugungen zu verraten, die lieber bequem im Dunkeln leben als sich zum Licht der Wahrheit aufzumachen?

Und wer reibt sich so oft verwundert die Augen, wenn die lieben Deutschen anfangen, die zu werden, als die sie behandelt werden? Die ihre Männer, ihre Frauen, ihre Eltern, ihre Kirche im Stich lassen, weil ihnen eingeredet wird, sie glaubten ja nicht, daß sie sie noch brauchten? Die ihre Kinder zu Hunderttausenden schlachten, weil ihnen eingeredet wird, sie glaubten ja nicht, daß es ihre Kinder seien? Wer ist es, der das den Leuten einredet? Es ist auch unser Klerus, es sind viele unserer Bischöfe, es sind viele unserer Priester, die dies tun. Die auf der Kanzel, im Fernsehen, im Internet das Schlechteste im Menschen beschwören, anstatt das Gute zu wecken, das Gott in ihm angelegt hat.

Ja, Ihr seid es, unsere Kleriker, die sich diesen Vorwurf gefallen lassen müssen. Enttäuscht von Euerer eigenen Schlechtigkeit haltet Ihr auch die anderen für schlecht. Was Christus und die Kirche lehren, das haltet Ihr nicht für erstrebenswert, weil es der Mensch allein nicht erfüllen kann, weil er schwach ist und Fehler macht und es darum ja gar keinen Sinn hat, ihn zur Anstrengung zu ermutigen. Er schafft es ja sowieso nicht!

O Ihr Kleingläubigen! In ihrer Schwäche laßt Ihr Eure Herde im Stich, weil sie planlos ist und Ihr erkannt habt, daß Ihr sie mit eigenen Kräften nicht führen könnt! Glaubt Ihr denn nicht daran, daß es Gott ist, der Euch aus der Herde ausgesondert hat, um sie zusammenzuhalten und zu führen? Glaubt Ihr denn nicht, daß Gott Euch die Gaben zu gewähren vermag, die Ihr benötigt, um das zu tun? Nein, Ihr Kleingläubigen, Ihr glaubt es nicht! Ihr vergeßt Gott und blickt auf Euch selbst und seht, daß Ihr klein und schwach seid, und laßt den Mut fahren. Ihr haltet Euch selbst für Schafe und glaubt, der Herde folgen zu müssen, Ihr richtet Euch nach denen, denen Ihr eine Richtung geben sollt.

Glaubt Ihr denn nicht, daß der Wille zum Glauben in Euren Schafen angelegt ist? Seht Ihr denn nicht, daß sie darauf brennen, Jesus Christus folgen zu dürfen, daß sie nach Wahrheit dürsten und nach Liebe hungern? Seht Ihr denn nicht, daß sie nichts sehnlicher wünschen, als ein reines Leben zu führen, um dereinst die Herrlichkeit Gottes schauen zu dürfen? Seht Ihr nicht, daß sie Christus anziehen wollen, und Ihr laßt sie nackt gehen? Seht Ihr denn nicht, daß sie in der Welt verstrickt sind, und Ihr macht sie nicht los? Seht Ihr denn nicht, daß sie keusch leben wollen, und Ihr verhöhnt ihr Streben und helft ihnen nicht? Seht Ihr nicht, daß sie nach geistlicher Nahrung hungern, und Ihr verschließt Eure Speicher? Daß sie Brot brauchen, und Ihr gebt ihnen Steine? Daß sie belehrt werden wollen, und Ihr plappert nach, was sie blöken? Daß sie Euch zu Führern wollen, und Ihr laßt sie alleine ziehen? Seht Ihr das nicht?

Wenn Ihr nicht sehen könnt, dann fangt an zu hören! Wenn Ihr nicht auf Euren Herrn hören wollt, der Euch aufgetragen hat, seine Schafe zu weiden, dann hört wenigstens auf Eure Herde! Ihr wollt dem Volk aufs Maul schauen? Dann tut es! Geht in Eure Herde und hört! Lest von mir aus die Kommentare unter dem Welt-Artikel! Ihr wollt wissen, warum sie Euch verlassen? Dort sagen sie es Euch! Hört Euren Schafen zu, wie sie blöken; manche stehen noch beisammen, aber viele sind bereits zerstreut. Sie sind allein in der Wildnis, in der Nacht, im Sturm, und haben sich verirrt. Sie wissen nicht, wo sie sind, und darum blöken sie, was sie sehen. Sie sind unwissend, und darum blöken sie, wie sie es verstehen.

Blickt ihnen noch ein letztesmal aufs Maul, und dann tut noch einmal, was sie verlangen: Öffnet Eure eigenen Münder, und sie werden auf Euch sehen! Laßt Eure Stimme erschallen, und sie werden auf Euch hören! Lehrt sie, damit sie nicht dumm bleiben! Füttert sie, damit sie nicht hungern! Kleidet sie, damit sie nicht nackt sind! Schützt sie, damit sie nicht sterben! Führt sie, damit sie sich nicht verirren!

Hört Ihr Eure Schafe nicht? Sie blöken laut und vernehmlich. Sie suchen Euch und rufen Euch. Wir rufen Euch. Könnt Ihr uns nicht hören?

2 Kommentare:

  1. Im Beiboot Petri spricht man über dasselbe etwas strukturierter.

    AntwortenLöschen
  2. Der Beitag bringt es auf den Punkt. Danke dafür. Leider hat's mit dem Link bei uns nicht geklappt, deshalb habe ich es in einem Kommentar korrigiert. Wir in M haben ja das Glück, dass man diese Zeitgeistkirche noch umfahren kann. Und es findet auch immer mehr eine Abstimmung mit den Füßen statt .... Aber unser Oberhirte, der sich ja in erster Linie mit seinen diversen "wichtigen" Pöstchen, seinen politischen Ambitionen und seinem Einfluss in Rom beschäftigt, hat das wahrscheinlich noch gar nicht gemerkt.

    AntwortenLöschen